Der Elfenbaron hoch zu Ast

Metagame

In diesem Metagame geht es primär um ein Füllen der Ereignisse zwischen Kaer Iwhaell 1 vom Januar 2016 bis Solonia 16, bei dem wir wohl mit Nuriel aus seiner Baronie zusammen von einem Auftrag wieder zurückkehren werden in die Königsau (unsere IT Anreise auf Solonia 16). Leider ist das Metagame nicht fertig geworden, es ist aber trotzdem sehr amüsant zu lesen und wurde abwechselnd von Nuriel (Marc S.) und mir (Matthias) geschrieben. Viel Spaß!

Von Marc S.

Herbstzeit nach Solonia 15

Nuriel der Elf, neuer Baron der Elfenau, saß, einen Federkiel in der Hand, an seinem Holztisch in der Residenz des Barons. Bei all den Dingen, die die Verwaltung einer Baronie mit sich brachte, entschied er, eine Prioritätenliste anzufertigen. Das wichtigste war die Sicherheit der im anvertrauten Bewohner der Au. Die konkrete Bedrohung war nicht Nahrungsmangel, noch Krieg. Noch nicht jedenfalls. Doch der Krieg würde kommen. Er kam immer. Jedenfalls in seiner Heimat, den Schattenlanden. Aber für heute gab es Wichtigeres: Bestien oder Schlimmeres in der Au. Geschichten von Wölfen und Leichenfressern des Nachts. Von geängstigen Bewohnern der Au. Alles nur Gerüchte? Oder steckte mehr dahinter? Im Zweifelsfall war er ein Jäger, er würde sie gnadenlos jagen und töten wie er zurvor so viele zur Strecke gebracht hatte. Damals. Bestien. Tiere. Auch auf zwei Beinen. Eine Welle des Schmerzes ob seiner eigenen vergangenen Grausamkeiten und Abgründe seines Handels brandete in ihm auf. Der Gedanke an den ewigen Kampf gegen die gefallen Brüder. Den ständigen Krieg, der die Seelen sovieler seines Volkes vernarbt hatte. Als auch seine eigene.

Er spülte die Erinnerungen hinfort, wenn auch mit einiger Mühe. Er mußte mehr meditieren. Wie dünn war doch dass Eis, welches über seinen dunklen Schatten der Vergangenheit lag, auch wenn er erst etwas mehr als 100 Jahre alt war. Wie zerbrechlich die Maske der Fröhlichkeit, die er trug. Trauer füllte seine Gedanken und er brauchte etwas, um sich zu fassen. Er konnte nicht abstreifen, ein Aesanar zu sein. Er blickte auf seinen Traumfänger an der Wand und schöpfte Mut. Er setzte sich auf den Boden und schloss die Augen, um seinen Geist ins Gleichgewicht zu bringen. Ruhe und Klarheit erfüllten ihn nach einigen Minuten. Doch konnte er nicht hier mehrere Vorteile erlangen? Er lächelte. Die Monsterjäger im Südosten wären über Abwechslung sicher erfreut. Wie hießen sie doch gleich? Er hatte es vergessen.

Es war immer gut, Verbündete zu suchen. Und mit Nachbarn Frieden zu halten. Nicht dass er ihnen vertraute – er hatte zuviele Enttäuschungen erlebt. Menschen waren vielschichtig, leider war eine Schicht oftmals Dummheit und nicht kontrollierte Aggression. Als erstes würde er sie beobachten und einige Tage das Leben auf der Festung vom Wald aus beobachten. Dann würde er sich zeigen und mit Ihnen sprechen. Es war klug, im Rudel zu jagen und nicht allein. Er würde alle Beute fair mit Ihnen teilen und wenn sie vertauenswürdig wären, Ihnen die Jagd in der Au unter gewissen Auflagen erlauben (wenn sie nicht schon vom König eine Erlaubnis hatten). Wenn es überhaupt etwas zu jagen gab. Was wußte er schon über ihre Motive? Vielleicht waren sie nicht ehrenhaft sondern an Geld oder Schlimmerem interessiert. Das Böse hatte oft ein harmloses Gesicht. Auch wenn diese Burschen ganz und garnicht harmlos wirkten.

Andererseits hatten sie relativ ehrenvoll gehandelt und er hatte mit einigen von Ihnen gut harmoniert. Der mit dem grauen Bart hatte außerdem mehr zu bieten, als man ihm ansah – nur wenige Menschen konnten so schnell und präzise einen Freundschaftszauber weben. Und er hatte durchaus Potzenzial im Umgang mit dem Schwert. Jedenfalls für einen Menschen. Und er hatte mit seinem magischen Potenzial nicht geprahlt sondern es verborgen gehalten. Nuriel berührte gedankenverloren die Rune Arhain, die an seinem Hals hing. Er beschloß, dieses Verhalten des Menschen als sympatisch einzustufen. Er hatte ihn beobachtet als sie im Wald die gedungenen Meuchelmörder und Räuber stellten. Und der Junge große Schlanke hatte mächtige Feinde – nach dem Anschlag auf diesen Mann hatte er versucht, dem astralen Faden zum Attentäter zu folgen und war von einem mächtigen magische Schutzzauber recht unsanft zurückgeworden worden. Und gehörte nicht der neue Wächer der Erde auch zu Ihnen? Es war nicht einfach sie abschließed einschätzen zu können.

Falls er sie überreden konnte, Nachts in der Au zu jagen, wenn an den Gerüchten etwas dran war, so konnte er sie dabei kennenlernen, sie studieren. Die Jagd würde sie erregen und sie würden sich geben wir sie wären und er würde in ihnen lesen können wie in einem offenen Buch. Am entferntesten Rande seines Verstandes blitzte eine Erinnerung an die eigene Schwäche der Arroganz und Überheblichkeit auf – doch zu kurz, um ihn von seinem Plan abzubringen.

Er konnte Ihnen darüber hinaus einiges anbieten, wenn sie integer waren. Der Winter würde hart werden, Kälte und Hunger waren auf einer Burg sicher zugegen. Vielleicht ließ sich ein Bündnis schmieden, welches für beide Seiten Vorteile barg. Er sprang auf um zu packen.

Der folgende Januar

Nuriel ging gerüstet und mit Rucksack und Bogen durch die Wildnis in der Nähe der Burg. Er suchte sich einen guten Baum und richtete in der Krone sein Nachtlager ein. Dann beobachtete er 2 volle Tage, verborgen durch seinen kunstvollen Tarnmantel, die Burg und das Treiben der Bewohner.

Er zögerte. Er könnte. Aber es war nicht höflich, andere anzusehen, ohne zu fragen. Andereseits war er für die Sicherheit seiner Au verantwortlich.Und Neugier war eine seiner größten Schwächen. Neben seinem Mißtrauen. Er haderte mit sich, entschied sich dann aber, einen genaueren Blick auf die Burg zu werfen. Er zog einen kleinen Kristall aus seiner Tasche und murmelte Worte aus seiner Heimat. Öffnete seinen Geist und durchdrang die Räume hinter der realen Welt. Seine Finger zeichneten komplexe Muster in die Luft. „Lileath, schenk mir dein allsehendes Auge“.

Von Matthias

Nuriel blickte nur kurz hinter die Schleier der greifbaren Welt. Er verweilte dort nicht lange: Sein Blick wurde kurzerhand von mehreren Strahlern gefesselt – tief unter der Burgruine, die man kaum als Festung bezeichnen konnte, sah er ein starkes Leuchten, ebenso unter einem Grab neben der Burgruine. Was für Präsenzen! Noch ehe er sich diese näher betrachten konnte, rasten plötzlich drei geisterhafte Schemen, eine Frau und zwei Männer auf ihn zu. Kurz bevor sie mit ihren rasenden stummen Schreien vor Nuriel waren, trennte er in seiner Weisheit die Verbindung zur Astralwelt. Er hatte gespürt, wie die Geister von ihm Besitz ergreifen wollten. Mit einem leichten Schrecken lehnte er sich gegen den Baumstamm, auf dessen Ast er saß. Die Schneeflocken fielen seicht neben ihm zu Boden, und beruhigten sein ungewohnt aufgewühltes Gemüt. Noch ehe er sich weitere Gedanken machen konnte, traute er seinen Augen kaum: Reisende kamen zu der Burgruine. Er sah Kämpfer, Magier, Scholaren… und König Gernot von den zwölf Auen, der mit dem grauhaarigen Monsterjäger einen Rundgang um und auf die Burg machte. Er beobachtete dessen Gesichtszüge präzise: Der Grauhaarige tat sich schwer, einen inneren Frust dem Souverän gegenüber zu verbergen. Aber er bemühte sich. Der König hingegen schien zufrieden, und verabschiedete sich nach dem Rundgang. Nuriel erkannte viele bekannte Gesichter wieder: Den Erdhüter mit den kupferroten Haaren, mit dem er viel zur Königswahl gesprochen hatte, der Schlacksige mit den langen Haaren, ebenso die rothaarige Magierin mit dem Fuchsschwanz.

Der Grauhaarige führte einige gerüstete Kämpfer, vermutlich Lehrlinge und Mit-Monsterjäger zum Aufwärmen im Rennen um die Burg. Nach der ersten Runde schon konnte einige dem alten Mann, in dem offenbar mehr Lebenskraft steckt als in den anderen, nicht mehr folgen. Die Lücken zwischen den Rennenden wurden größer. Plötzlich erschien bei dem Grab, von dem in der Geisterwelt ein starkes Leuchten ausging, eine geisterhafte Erscheinung. Bewaffnet. Der Grauhaarige kämpfte mit ihm, doch wurde dann vom Geist besessen und wandte sich gegen seine Leute. Diese rangen ihn nieder und vertrieben den Geist… kurzzeitig zumindest.

Glücklicherweise gab es genug Heiler und Feldscher, die die Leute zusammenflickten. Einige Zeit später lief unter Nuriel ein seltsames Waldwesen vorbei. Der Kopf bestand aus einem Tierschädel mit Hörnern, der Körper aus Borke und Gewächsen. Er jagte alle Burgbewohner, die draußen herumliefen. Einige fielen schwerverletzt, unter den Hieben der langen Krallen und des fesselnden Wurzelwerks des Waldwesens.

Aus der Burg stürmten schließlich die Monsterjäger. Sie taten sich schwer mit dem Monster, konnten es schließlich aber solange beschlagen, bis es sich in Raben und Staub auflöste und davonflog. Wieder pflegten sie ihre Wunden. Den einen Heiler, der mit dem Bein hinkte, hatte es besonders schwer getroffen. Zur Dämmerung traten die Burgbewohner an das Grab außerhalb der Burg heran. Sie beschworen einen Geist. Einen Weiblichen. Er sah, wie sie alle miteinander sprachen, wie die Geisterfrau dem hinkenden Heiler, dessen Wunden versorgt wurden, in die Arme fiel. Er sah, wie sie aus einem kleinen Hügel neben dem Grab ein Kästschen ausgruben, mit einer funkelnden Halskette. Die Geisterfrau verschwand plötzlich. Und während die Männer und Frauen dieses merkwürdigen Tages in dem Vorhaus der Burg feierten und zechten, wickelte sich Nuriel, etwas verunstimmt wegen der zunehmenden Eiseskälte und der zahllosen Rätsel, in seinen Tarnmantel, und gab sich der Müdigkeit hin. Sollte er die Monsterjäger am nächsten Tage ansprechen? Und wenn ja, würde er offenbaren, dass er einen Tag lang den Geschehenissen zusah? Oder sollte er lieber noch einmal durch den Kristall in die Anderswelt blicken? Er zückte erneut den Kristall, zeichnete komplexe Muster in die eiseskalte Luft und sprach „Lileath, schenk mir dein allsehendes Auge“.

Er konnte nun klarer sehen. Am Waldesrand in Grabesnähe, befand sich der eine der drei Geister. Diesmal, zurückhaltend. Verwirrt. Einsam. Unter der Burgruine befand sich immernoch ein helles Strahlen, das ihn blendete. Es war ein großes Strahlen, umgeben von mehreren Einzellichtern. Um nicht zu erblinden, blickte Nuriel nach rechts und sah in dem Vorhaus der Burg, indem die Gesellschaft zechte ebenfalls ein Strahlen ähnlichen Glanzes. Der Drang wegzublicken war groß, doch die elfische Neugier überwiegte – Nuriel kniff die Augen zusammen und erblickte den Erdhüter, und das Strahlen ging von seinen Manteltaschen aus.

„Was für ein Scheißtag.“ Valerian seufzte. Beschissener hätte die Einweihung seiner Hexerschule nicht verlaufen können. Tagesfazit des gestrigen Tages: Ein König dem er buckeln musste, der ihm einen wortwörtlich verfluchten Steinhaufen als Hexerschule inklusive lebenslanger Knechtschaft verkauft hatte, dessen Spion, der sich mit breiten Grinsen an seinem Bier und seiner Lehre genüglich tat, eine Botin, die ihn förmlich mit ihrem geheimen fluenten Gönner erpresste, drei Erscheinungen, von denen bisher gerade einmal zwei befriedet werden konnten, ein junger, aufdringlicher Waldschrat, vermutlich gerade mal um die 50 Lenze, der seinen lieben Kameraden Ludwig beinahe getötet hätte – und kein Geld. Und die Schweinekälte nicht zu vergessen. Die Feier mit den Kameraden gestern war nötig. Valerian gähnte, steckte die alten Beine in die alte, kalte, klamme Lederbruche, steckte die alten Füße in die alten, kalten, klammen Stiefel, stapfte über die fleischgewordenen Zeugen des gestrigen Besäufnises, die im Tavernenboden kreuz und quer lagen, und atmete draußen die kalte, neblige Luft ein. Was würde wohl sein Meister Arcturus, oder der Älteste Heswinn von ihm denken? Valerian fiel es leicht, den Gedanken zu verdrängen, da er zuvor etwas Flüssigkeit aus der Blase verdrängen musste. Er schlurfte in das Nebengebäude auf den Abort und erleichterte sich mit einem Seufzen.

Valerian legte sich nicht wieder hin zu Schlafen. Während die anderen noch schliefen, fröhnte der alte Valerian der senilen Bettflucht, entfachte mit einem lautlosen Igni-Zeichen das Feuer unter dem Teekessel und machte sich in alter Routine ein morgendliches Heißgetränk. Er zog sich an. Leichtes Rüstzeug. Schwerter. Hier nie unbewaffnet. Generell möglichst nie unbewaffnet. ‚Sonst fangen die alten Knochen an zu rosten‘, sagte der alte Heswinn immer. Der alte Heswinn hätte ihn auch mal warnen können, wie in der Kälte alte Beinesverletzungen schmerzen. Valerian ging in den eiskalten Turm mitsamt des Teebechers, und fing an sich mit dem Federkiel über seine Lehrpläne zu setzen.

Er war frustriert. Nicht dass die Angriffe gestern einfach nur Opfer forderten – sie forderten auch seine kostbare Zeit, in der er seinen wenigen Lehrlingen die wichtigsten Lehren der Hexerzunft zukommen lassen wollte. Er seufzte erneut. Wie soll er unter diesen erbärmlichen Bedingen nur den Lehrbetrieb aufrecht erhalten. Seine Katzenaugen, rechts gelb und links ergraut wie sein Haar, blickten aus dem Fenster im Turm. Während sein Blick über den Waldrand glitt, hob er den dampfenden Becher zu einem Zug an. Doch noch ehe der Tee des Bechers seine Lippen berührte, erstarrte Valerian: In einem der Bäume saß etwas. Es hatte sich bewegt. Der Waldschrat? Nein. Passt nicht zum Alter des Schrates. Ein Alp? Unwahrscheinlich. Ein Alp ist nicht auf Verstecken in den Bäumen angewiesen. Valerian nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher, und stellte diesen ab. Er prüfte kurz, ob das Silber- und Meteoritenstahlschwert ziehbereit auf dem Rücken saß. Und lief mit einem beschleunigten Schritt aus dem Lehrsaal des Burgturmes. Um den Waldrand zu inspizieren…

Von Marc S.

Nuriels Instinkt hatte ihn nicht getrogen – unter und in dem alten Kasten (das Ding hätte zu Hause nicht mal als Hundehütte getaugt) war eine Menge ungewöhnliche Präsenz. Beunruhigend. Nur seine Erfahrung und extreme Vorsicht hatten ihn davor bewahrt, von den Geistern angegriffen zu werden. Seine Lehrmeister hatten ihm geheime Runenmuster beigebracht, die er im Notfall mit den Fingern zeichnen konnte, um die Verbindung zum Astralraum zu kappen. Viele Menschen kannten diese Möglichkeit nicht… Er hatte viele gesehen, die der Versuchung und Gefahr der Magie erlegen waren. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das war knapp und äußerst furchteinflößend gewesen.

Aber er hatte weit Schlimmeres gesehen. Viel Schlimmeres. Sein Atem ging nun hektisch und stoßweise, Schweiß brach ihm aus und für einen Moment hatte er das Gefühl vom Baum zu kippen, als die Erinnerung an die Vergangenheit ihn einholte. Dunkelheit. Kälte. Er brauchte eine halbe Stunde, um sich zu beruhigen und eine weitere, um seinen Geist mit Meditation ins Gleichgewicht zu bringen. Er war immer noch so unglaublich verletzlich. Und obwohl er noch so jung war, gerade etwas über 100, hatte er vor kurzem die ersten grauen Haare in seinem Haar entdeckt. Er zahlte einen hohen Preis. Jeden Tag. Aber die meisten um ihn herum bemerkten dies nicht. Ließen sich täuschen. Loecs Weg.

Alte Ruinen hatten eben oft einen Haken, dachte er. Er ließ die Geschehnisse an seinem geistigen Auge Revue passieren. Die Geschehnisse um den alten Meister und seine kurzzeitige Besessenheit hatten ihn erschüttert – tief in seinem Inneren hatte sich sofort der Reflex geregt, den Menschen in der Not zu helfen entgegen aller Vorsicht und seinem Plan, sie erst zu beobachten und einzuschätzen, doch bevor er den Baum auch nur halb herabgeklettert war, war alles vorbei. Da er selbst als Heiler nicht taugte, stieg er besorgt wieder auf den Beobachtungsposten zurück.

Der Grauhaarige schien vom Besuch des Königs nicht sonderlich begeistert zu sein. Nuriel lächelte grimmig. Der Mann gefiel ihm auf einmal viel besser. Er war erstaunlich fit für sein Alter, und es war klar zu erkennen, dass dieser kein normaler Mann war. Das wußte er ja bereits, seit er ihn einen Freundschaftszauber hatte wirken sehen. Es war offensichtlich, dass er Anführer und Mentor war. Seine Neugier meldete sich. Triebkraft und Schwäche zugleich.

Urplötzlich hatte ihn dann das, ja, Baumwesen oder was es war, überrascht. Er hielt es anfangs für einen Schrat, er wußte nur zu gut, dass Vorsicht bei jungen Schraten geboten war. Diese ware nicht weise und friedlich wie die Baummenschen aus Avelorn, dem Waldreich an der Grenze zu seiner Heimat. Sie waren ihm eher als mindere primitivere Geister bekannt. Er lief unter ihm entlang ohne ihn zu bemerken. Er wartete. Irgendwann hörte er Schreie. Hatte sich etwas jemand aus der Burg gewagt und war dem Schrat zum Opfer gefallen? Doch so sehr er auch spähte und horchte, er konnte nicht ausmachen, was wo passiert war und ob jemand Hilfe benötigte. So blieb er im Baum sitzen. Er grübelte. Seine erste Einschätzung, es könne ein Schrat sein, erschien im wegen des Schädels doch falsch. Er überlegte und kam zum Schluß, dass es ein von Chaosmagie zerfressenes Waldwesen sein müßte, ein Zerrbild der natürlichen Ordnung. Soetwas kam in seiner Heimat leider viel zu oft vor. Und mußte bekämpft werden.

Während er noch sinnierte, kam es zum Konflikt mit dem Wesen als die Menschen auf das Wesen und den Wald zu stürmten. Nuriel war aufgebracht und kurz davor, vom Baum zu springen. Er war nur etwa 50 m entfernt, er konnte es schaffen mit einem kurzen Sprint. Die Menschen kämpften nun mit dem Wesen doch Ihre Klingen prallten fast wirkungslos ab von der dicken Borke. Fast wollte er sich seiner jugendlichen Spontanität hingeben – doch er hatte auf schmerzhafte Weise gelernt, diesen Impuls zu unterdrücken. Dann aber gedachte er seines Geschenks. Nuriel lehnte sich an den Stamm und schloß die Augen und atmete ruhig ein und aus. Sein Geist wanderte in die Sphären des Waldes. Er wußte, dass er dies nicht allein schaffen konnte, eine solche Entfernung hatte er nie zuvor überwunden. Und nur ein paar Mal in seinem Leben als Leiter gedient. Sein Geist tastete das Bewußtsein des Waldes ab und rief. Wisperte. Bat seine Kraft an, um das Widernatürliche zu bekämpfen und einen Weg zu schaffen. Er betete zu Isha, Muttergöttin der Natur und Kurnos, dem Herrn der Wilden Jagd, dass sie seine Wege segnen mögen. Als er den Höhepunkt seiner Konzentration erreicht hatte, und er tausend Stimmen aus dem Wald antworten hörte, flüsterte er: „Herz des Waldes, einst gabst du mir deine Gabe als Dank für meine Hilfe. Sie ist ein Teil von mir, wie du ein Teil von mir bist. Verflochten, verbunden wie deine Ranken um einen Baumstamm. Ich kann das nicht alleine tun. Ich bin der Kanal, durch den alles fließen kann. Hilf Ihnen!“

Aus Nuriels Hand entsprang eine dünne Ranke ähnlich Efeu, die sich mit rasender Geschwindigkeit unter den Blättern am Waldboden entlangschlängelte und unbemerkt von den Kämpfenden, von unten in den Fuß des Wesens einschlug. Nuriel bemerkt sofort den Sog, durch ihn, als der Wald begann, Stücke der negativen Magie durch ihn in den Wald abzuleiten. Er zuckte, lächelte grimmig und flüsterte: „Macht das Ding… langsam…“ Dann verlor er die Besinnung und sackte auf dem Ast bewußtlos zusammen.

Als er zu Bewußtsein kam, erinnerte er sich an die Geschehnisse wie durch einen Schleier. Er war zwischenzeitlich besinnungslos gewesen hatte nur noch mitbekommen, wie sich das Wesen auflöste. Dann war er wieder erschöpft zusammengesackt.

Nun war es früher morgen, und er war trotz seiner Kleidung elendig durchfroren, weil er nicht in sein warmes Lager zurückgekehrt war wie die Abende zuvor. Schließlich hatte er die Nacht besinnungslos auf dem Ast verbracht. Loec hatte scheinbar über ihn gewacht, auf dass er nicht vom Baum fiele. Er schickte einen stillen Dank an den Tänzer im Schatten. Nuriel fühlte sich verdammt mies und streckte seine Glieder. Fast wäre er vor Schreck vom Baum gefallen als er sah, dass der Grauhaarige schnellen Schrittes mit einem beunruhigend großen Schwert auf sein Versteck zulief. Ein äußerst beunruhigendes Schwert! Nuriel zog ein Gesicht als hätte er in eine faule Zitrone gebissen. Seine kleine Morgengymnastik war nicht verborgen geblieben, er hatte ihn entdeckt. Er scholt sich selbst für seine Nachlässigkeit. Der Grauhaarige war nur noch 50 m entfernt. Was sollte er tun? Weglaufen? 40 m. Sich zu erkenen geben? 30 m. Ach egal, er hatte die Entscheidung durch sein Eingreifen sowieso schon getroffen. 20 m. Dann würde er eben auf seinen Instinkt vertrauen. Er zog zwei Äpfel aus der Tasche. 10 m. Er warf dem verdutzten Valerian einen Apfel zu und biß in seinen eigenen grinsend hinein, während er die Beine entspannt vom Ast baumeln ließ als wäre es das Natürlichste der Welt, auf dem Baum zu sitzen.

„Morgen Nachbar! Wie ich sehe habt ihr einen Haufen Probleme indem was ihr Burg nennt, inbesondere in eurem Keller. Verdammt kalt heute, was?“ Er ließ sich vom Ast fallen und kam elegent mit beiden Beinen auf dem Boden auf. Er lächelte entwaffnend, als er den Grauhharigen mit einer leichten Verbeugung sanft anblickte. „Ich bin gekommen, um zu helfen.“

Von Matthias

Erstaunlich wie verdutzt ein Ausdruck eines Gesichtes sein kann, dass dem Draugr-Schlächter von der Schlacht bei Cidaris bei Nastrog von 1166, beauftragt und belohnt von König Coram II von Cintra, gehört. Die Pupillen seiner Schlitzaugen verengten sich, und der alte Kopf erkannte plötzlich die feinen elfischen Gesichtszüge wieder. Ein schelmisches Lächeln trat auf Valerians Lippen, während er den Apfel aufhob. „Helfen? Dafür kommst du leider einen Tag zu spät, mein lieber… Nuriel? Habe ich recht? ceádmil pavienn!“ Valerian warf den Apfel hoch und fing ihn wieder, das ganze erneut, und biss sodann in den eiskalten Apfel. Er knackte so heftig, man könnte meinen, er sei nicht nur gefroren, sondern aus Marmor. Das Echo des krachenden Fruchtfleisches hallte von der anderen Waldseite wieder.

„Komm. Ich denke ein belebendes Heißgetränk kann die Akademie Kaer Iwhaell seiner hochwohlgeboren, den Herrn der Elfenau spendieren. Auch wenn unser finanzieller Haushalt… ach egal.“ Der alte Mann wandte Nuriel bedenkenlos seinen Rücken zu. Meteoritenstahl- und Silberschwert in der jeweiligen Scheide. Er stapfte durch den Schnee zum Burgvorhaus, um den Elfen, den er von der Königswahl und der Räuberjagd in den dortigen Wäldern kannte, von seinem typisch elfisch-stoischem Kältezittern mit einem heißen Kaffee zu erlösen.

Die Tür zum kleinen Tavernenschankraum öffnete sich mit einem müden Knazen. Der dominate Geruch von Bier und Met des Vorabends stößte unausweichlich zur empfindlichen Nase des Hexers vor. Er legte den Kopf zur Seite, und sprach über die Schulter „Einen Moment bitte.“ und schloss die Tür, um die Wärme und den aromatischen Odem in der Stube zu behalten. Er wollte den halberfrorenen Elfen damit verschonen, und noch den Anschein von Würde eines Akademierektors wahren. Mit einem eleganten Schritt stapft er über den am Boden liegenden narkotisierten Wim Delvoye hinweg, der direkt zwischen Ofen und Schanktheke schlief. Valerian konnte sich ein launisches Grunzen zu seinem neuen „Lehrling“ nicht verkneifen. Verdammter Parasit. Aber Schritte und Grunzen waren hinreichend leise, dass die Schnapsleichen des Vorabends weiterschlafen konnten. Er nahm wahllos einen großen Humpen, und machte den Test seines alten Lieblingstrinkspiels ‚leere den Krug in einem Zug‘: Er stellte den fremden Humpen auf den Kopf, und hob ihn an um festzustellen, ob ein feuchter Ring auf dem alten Holztisch zu sehen ist: Nur ein kleines Pfützchen, ein Achtel eines Ringes, zeichnete sich glänzend auf dem Tisch ab. Valerian blickte sich um – kein Waschwasser mehr, verdammt. „Gut genug für meinen Überraschungsbesuch“ dachte sich Valerian, und goß den vorhin frisch gebrühten Kaffee in den Humpen. Der liebe Erdhüter Sebastian, unser Herr Diplomat würde mir den Kaffee in die Bruche gieße, wüsste er von diesem Fauxpas. Er musst unwillkürlich über seinen geliebten Gesellen Sebastian grinsen, und warf seinem Hexer einen liebevollen Blick zu, der eingewickelt in seiner Decke am anderen Ende des Raumes lag. Auch seine liebe Meidwynn, Valerians treue magische Stütze und gefühlte Tochter lag eingerollt in ihrem Feldbett. Ihr Fuchsschwanz und ihre Beine zuckten leicht – Skoja war vermutlich gerade am Jagen. Ein süßer Anblick. An der anderen Wand des Schankraumes lag Raziel, lang ausgestreckt auf seiner Pritsche. Valerian war stolz auf ihn, Raziel hat hervorragend gekämpft gestern. Er setzt große Hoffnungen in den Jungen. Hoffentlich wird ihm der moralische Sebastian Raziels Herkunft irgendwann verzeihen, sobald er es herausfindet versteht sich… Der elfischen Gastlichkeit zuliebe, retuschierte er die Metnote des Kaffees mit etwas Milch und einem Stück Zucker.

Nuriel, sichtlich verfroren, nahm sofort wieder die elfisch-stolze Haltung an, als sich die Tür mit einem erneuten Seufzen öffnete. Valerian lächelte ihm herzlich zu, und überreichte ihm einen dampfenden Humpen. „Bittesehr. Folge mir, der Geruch da drin ist etwas zuviel verlangt für einen Gast von Stand. Folge mir in den Lehrsaal“. Valerian schritt gemütlich voran, über Brücke, durch Burghof, die Wendeltreppe des Turmes hinauf, bis in den kalten Lehrsaal, der langsam etwas Wärme durch die erleuchteten Kerzen annahm, die Valerian zum Arbeiten entzündet hatte. Der alte Mann zog einen Stuhl an die andere Seite des Tisches heran, nahm auf dem gegenüberstehenden knatzenden Stuhl am Lehrerpult platz, und erlaubte sich einen gemütlichen Seufzer. Mit weiser Absicht blickte er Nuriel an und gestattete sich eine bewusste Stille, in der er einfach nur lächelte. Sodann stellte er die Frage:„Warum bist du hier Nuriel, Baron der Elfenau?“

Von Marc S.

Nuriel lächelte fein und mit einem leichten Kopfnicken zurück, wobei er darauf achtete, eine gerade und erhabene Haltung einzunehmen. Er versuchte etwas Würde auszustrahlen gemäß seiner neuen Stellung. Außerdem erwartete man von einem Elfen immer, irgendwie erhaben, bedacht und sauber zu sein – das war ein seltsame menschliche Angewohnheit im Denken.

Wie er es haßte, dieses höfische Narrenspiel von Arroganz und Erhabenheit. In seiner Heimat waren diese Spiele, anders als in den Städten der anderen Elfenkönigreiche Ulthuans, wenig wert. Die Sippen der Schattenkrieger aus Nagayrythe lebten in einem ständigen Guerillakampf in der Wildnis und achteten die praktischen Regeln des Überlebens weit mehr als höfisches Brauchtum.

Er drehte den Becher leicht in seinen Händen, dann nahm er einen Schluck. Irgendwie lecker mit – hm – einer süßen Metnote? Er schob den Gedanken beiseite.

„Ich bin immer auf gute Nachbarschaft bedacht und lerne meine nahen Mitbewohner gerne kennen.“ sagte er. Und man weiß nie ob man eine fertige Burg, in die man sich wenns kracht zurückziehen kann, brauchen kann, dachte er, bedacht darauf unauffällig zu schauen. „Außerdem dachte ich, ihr könntet etwas Hilfe beim Aufbau der Rui… ähm der Burg gebrauchen. Bauholz, warme Wolle, Nahrungsmittel. Ich könnte sicherlich etwas davon entbehren in meiner Baronie.“ Es könnte auch Wein sein, sinnerte er in Gedanken weiter, mit etwas Zucker. Milch war offensichtlich auch darin. Er schnupperte unauffällig am Becher. War das da ein Barthaar am Rand? Er lächelte den Mann entwaffnend an stand auf und ging ein paar Schritte auf und ab. „Ich brauche im Gegenzug dafür allerdings etwas Hilfe in meiner Baronie“ Um genau zu sein habe ich möglicherweise ein Scheiß Monster Problem und nur eine Handvoll Bauern und keine Lust allein in dunklen Höhlen mein Leben zu riskieren, dachte er. „Es gibt da ein paar unbestimmte Gerüchte von Bauern, ein paar Geschichten, denen ich gerne auf den Grund gehen würde. Nur zur Sicherheit. Ihr kennt euch doch mit der Jagd aus, nicht wahr? Vielleicht könntet ihr mich begleiten, falls doch etwas daran sein sollte? Dann lernt ihr auch gleich meine Baronie kennen.“ Er blickte in den Becher unauffällig mit einem Auge in den Becher und nahm einen Schluck. Für Johannisbeersaft war es nicht fruchtig genug.

„Im Gegenzug würde ich euch wenn es nötig ist zudem helfen, euren Keller genauer anzuschauen.“ Verdammt dachte er, warum habe ich das jetzt gesagt? Er scholt sich innerlich selbst für seinen Überschwang. Er schnupperte. Da war etwas, ein Geruch über dem Kaffeeduft. Er war sich ganz sicher.

„Und wir lernen unś etwas kennen. In der derzeitigen politischen Lage ist es sicherlich gut, zu wissen, wem man vertrauen kann. Wenn ihr versteht.“ Er warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Dann schnippte er das Haar vom Becher und trank ihn in einem Zug aus. „Und vielleicht können wir von einander das ein oder andere Lernen. Ich würde sagen, wir sind beide Männer mit nützlichen Talenten.“ Er grinste in breit an und stellte den Becher auf den Tisch, um auf die Antwort seines Gastgebers zu warten. Das nächstes mal würde er sich einen eigenen Becher mitnehmen.

Von Matthias

Valerian hörte geduldig zu und lächelte. Der Baron hat längst ausgeredet, als Valerian auf das hochwohlgeborene Geschäftsangebot antwortete mit: „Met.“ Der Elf schaute erst leicht verwirrt, begriff aber nach einer Zehntelsekunde. Der Hexer wusste die elfischen Gesichtszüge nicht als mäßig überrascht oder angewidert zu deuten.

„Nachbarn… stimmt. Die Elfenau grenzt an die Nordwestspitze der Schwertau. Euer Sitz ist in Dismarden nehme ich an? Im Norden der Au?…“ der Greifenhexer stellte hohle Fragen deren Antwort er kannte, um Zeit zu gewinnen, um zu überlegen: Wäre er vor einigen Tagen gefragt worden, ein auswärtiger Großauftrag käme auf keinen Fall in Frage. Die Situation hat sich aber rapide geändert. Die Burg ist noch lange nicht fertiggestellt. Nach Aussage des Baumeisters kann die Burg in seiner Gänze erst in einem knappen Jahr eingeweiht werden. Außerdem blieb die von Valerian erhoffte Flut an Lehrlingen aus – abgesehen von politischem Spionagepack wie Wim. Er könnte tatsächlich Ressourcen zum schnelleren Aufbau brauchen. Er könnte tatsächlich noch Dozenten für die Akademie brauchen, und ein Aen Saevherne, ein Wissender, wäre eine kostbare Bereicherung. Vielleicht bekommt er sogar die Möglichkeit Lehrlinge und Novizen aus der Elfenau für Meidwynn’s magische Fakultät der Akademie zu rekrutieren, wenn sich die Hexer dort einen Namen machen? Außerdem – sollte sich Nuriel als vertrauenswürdig herausstellen, wäre er ein kostbarer politischer Verbündeter, und kein gernotischer Speichellecker…. aber – ein Keller? Welchen Keller meint er verdammt? Dem alten Hexer ist kein Keller der Burg bekannt… meint der Elf etwa den Weinkeller der Taverne? Ist er etwa eine Weinnase wie der ehemalige Burgbesitzer Isengrim von Treuhall? Als Säufer hätte Valerian ihn gar nicht eingeschätzt… aber vielleicht ist der Elf auch nur ein extensiver Weingenießer? Valerian lächelte innerlich über die vermeintliche Schwäche Nuriels.

„Wie Ihr seht, sind wir gerade aktuell recht – beschäftigt. Wie lange sitzt Ihr schon auf dem kalten Ast? Einerlei. Aber gut. Angebot und Nachfrage: Erzählt mir, um was für Gerüchte handelt es sich in eurer Baronie konkret? Was ist eure Erwartungshaltung mir gegenüber?…“ Valerian überlegte kurz mit welche diplomatischen Raffinesse jetzt sein lieber Sebastian fragen würde – Valerian gab diesen Versuch aber auf:„… und inwiefern ‚wem man vertrauen kann‘? Gibt es politische Elemente denen Ihr nicht vertraut?“ Valerian bereute innerlich die Frage sofort. Der Elf war bestimmt sehr auf höfische Formen und Standesgehabe erpicht, auf leere Floskeln und Drumherumgerede. Er wappnete sich innerlich für einen fassungslosen Gesichtsausdruck und eine harsche Antwort. Das war er aber als Hexer und mit seiner direkten Persönlichkeit gewohnt.

Von Marc S.

Nuriel hatte viele Schwächen. Er war weder Heiler noch Alchemist, kein Panzertragender Ritter und auch kein akademischer Magus (auch wenn er große Fähigkeiten hatte die er aber stets verborgen hielt), aber eines war er: Ein Sprecher, Redner, Vernetzer mit diplomatischen Fähigkleiten. Und deshalb war er sich sicher: Dieser Mann dort war kein Diplomat. Statt einer geschwollenen Antwort auf seine höfliche Einleitung hatte er wie ein Hund gerade heraus gebellt. Nuriel lächelte innerlich. Dieser Mann gefiel ihm, denn er kam ohne Umschweife zu Sache. So wie er es selbst mochte. Fast erlag er der Verlockung seine Maske fallen zu lassen und ungezügelt zu antworten. Aber er besann sich eines Besseren. Noch nicht.

„Ich denke, das mit dem Met läßt sich arrangieren“ antwortete er kühl, stellte sich aufrecht und steckte seine Hände in die gegenüberliegenden weiten Ärmel seins Gewandes, um eine elfische Haltung einzunehmen. Met, dachte er. So billig. Met hätte ihm nichts bedeutet. Eine Schriftrolle viellcht. Ein gutes Buch. Ein neuer Zauber. Ein Artefakt. Dinge, die ihn auf seiner eigentliche Queste, der Suche nach der Träne der Isha voranbrachten. Met. Wie profan. Wollte ihn der Mensch in eine Falle locken und hoffte, er, Nuriel, würde ihn unterschätzen? Er überlegte. Um Vertrauen zu gewinnen mußte man erst in Vorleistung gehen. Er wollte ehrlich sein.

„Es gibt in meiner Au Gerüchte von Leichenfressern. Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber die Gerüchte häufen sich. Ich will der Sache auf den Grund gehen, aber ich brauche jemanden, der mich begleitet. Ich kann das weder alleine, noch mit ein paar Bauern tun, denn wenn etwas an den Gerüchten ist, könnte es gefährlich werden.“ Er beschloss sich zu setzen, begab sich auf den Stuhl und beugte sich nach vorne und blickte Valerian direkt und offen in die Augen, indem er sich leicht vorbeugte. „Ich kann das nicht alleine tun, ich brauche euch, denn ihr seid mit solchen Dingen vetraut und stellt eine beachtliche Kampfkraft dar. Ich frage möglicherweise nach viel, aber ich bin bereit, euch auch im Gegenzug eine Menge zu geben. Met, Nahrung, Holz, Schafsfelle, Handwerker die eure Arbeiten beschleunigen. Und wenn nötig, werde ich euch persönlich mit meinen, nun sagen wir „elfischen“ Fähigkeiten unterstützen.“ Er schnippte und ließ in seiner Hand kurz eine kleine Flamme brennen, die in einem bunten Funkenregen zerstob. Dies war der Honig, den er für den Bären auslegte.

Das war ehrlich und gerade heraus gewesen. Sein gegenüber schien dies nicht zu stören. Nuriel stand wieder auf und beschloss den soeben eingeschlagenen Pfad weiter zu verfolgen. Er verließ sich auf seinen Instinkt was den Menschen anging. „Als Zeichen meines guten Willens will ich euch eine Information geben, vielleicht kennt ihr diese schon, vielleicht nicht. Unter eurem Schloß ist im Astralraum ein ungewöhnliches Leuchten zu sehen, ich nahm an dies wäre im Keller. Ihr wißt was der Astralraum ist, nicht war?“ Natürlich wußte sein gegenüber was der Astralraum war, aber es gehörte zur Maske der Arroganz, so zu tun, als ob er ihn für unterlegen hielt. Sein Gegenüber würde dies als Schwäche Nuriels auslegen und ihn wiederum für überheblich halten und unterschätzen. Er öffnete sich selten einem Menschen vollständig. Loecs Wege waren voll Täuschung und Spiel. Nuriel lächelte Valerian an. Er stand auf und ging, bedacht auf elegante Schritte, leichtfüßig auf und ab. Er blickt ihm aus dem Halbdunkel tief in die Augen, fixierte ihn durchdringend. Er wurde ernst. „Zudem: Sein wir ehrlich, wir beide schätzen die Politik nicht sonderlich. Aber wir müssen uns damit auseinander setzen.“ Er beschloss alles auf eine Karte zu setzen. „Dem König fehlt es an Weisheit und diplomatischem Geschick als auch an taktischer Kunst, und wenn wir meine Au und eure Burg behalten und in Frieden leben wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass er keine größeren Fehler macht und uns überlegen, wie wir die Sicherheit der Ländereien aufbauen. Ihn nach besten Kräften unterstützen auf unsere Art. Auch für uns selbst. Eure Burg wird eine sicherte Grenzfeste vor meiner Au, meine Au wird euch und den anderen Ländereien Nahrung liefern, denn daran ist die Au reich. Ich schätze die Speichellecker des Königs, diese Fähnchen im Wind, nicht als Verbündete. Ich will Männer und Frauen mit Verstand und Entschlossenheit. Deshalb bin ich hier.“ Das mußte wirken. Hoffte er. Er beschloss, Valerian einen Moment der Reflexion zu geben und drehte sich im Halbdunkel um, sodass er mit dem Rücken zu Valerian stand. Er verschränkte die Arme wieder, indem er die Hände in die gegenüberliegenden Ärmel steckte.

Nach einigen Momenten sprach er leise weiter, flüsterte, sich der Wirkung dieses Momentes bewußt. „Es wird Krieg geben Valerian. Es ist nicht die Frage ob, nur die Frage wann. Der Krieg kommt immer zu uns. Immer. Nichts anderes kennt meine Volk, vernarbt sind ihre Seelen. Und auch die meine. Ich will vorbereitet sein. Meine Bauern ausbilden. Und euch gern jene schicken als Schüler, die „Talent“ haben. Die Auen durchkämmen, kennenlernen und sichern. Geheime Vorratslager anlegen. Die anderen Auen auf diesen Pfad führen. Veründete gewinnen. Den großen Ork herausforden, um den Respekt seiner Leute zu gewinnen. Es spielt keine Rolle ob ich Orks mag. Nur, dass sie für uns und nicht gegen uns sind. Das Bündnis mit Amerion vorantreiben. Die Alten aufsuchen. Dafür brauche ich Leute, die mit mir arbeiten und auf die ich bauen kann. Verläßliche Verbündete. Leute, deren Vertrauen ich gewinnen möchte und denen ich vertrauen kann.“

Er drehte sich im Halbdunkel halb um und blickte Valerian traurig an. „Der Krieg wird kommen, Valerian. Helft mir, weiter in die Zukunft zu denken, als es der König vermag.“

Von Matthias

Pah! Typisch Elf. Kein Gefühl für Saraksmus und ironische Pointen. Was solls – dann soll er uns eben mit Met beliefern als Teil der Belohnung – es gibt schlimmeres. Valerian lächelte innerlich. Er sah schon vor dem geistigen Auge einen Ochsenkarren aus der Elfenau voll mit Metfässern anrollen und die Hexergesellen jubeln. Die Lehrlinge müssten sich den Met erst verdienen. Der Hexer erwachte aus dem Tagtraum, der den Bruchteil einer Sekunde andauerte. „Nekrophagen also. Nungut. Das ist zwar erstmal etwas unspezifisch, aber ich habe nicht erwartet, dass Ihr präzise kryptozoologische Typisierungen von euren Bauern erhaltet. Zu eurer damit verbundenen Frage: Ja, damit kommen wir zurecht. Wissenswert wäre für mich aus beruflichen Gründen: Gab es eine Pest oder Seuche in eurer Au oder ein anderes Massensterben kürzlich?“ Irgendwas musste ja diese Drecksviecher angelockt haben. Normalerweise sind Leichenfresser in Haufen der dunkle Schatten, den Kriege und Plagen hinter sich herziehen… gab es derartiges in der Elfenau?

„Nun – das Problem ist genannt. Ihr habt recht: Alleine, oder gar einzelne Hexer, können eine Leichenfresserplage nicht bekämpfen. Ich erinnere mich beispielsweise gut an das Jahr 1262 in meiner Heimat, als Nilfgaard das Massaker von Cintra angerichtet hat und noch im selben Jahr die berühmte Schlacht von Sodden stattfand! Meine Schule war in dieser Zeit komplett in dieser Region im Einsatz… ich erinnere mich auch an den Beginn des ersten Nilfgaard-Krieges 1239 – danach war es…“ Valerian hielt kurz inne. Weder interessierte es Nuriel, noch war es für das Vertragsgespräch von Interesse, noch sollte Nuriel Rückschlüsse auf Valerians Alter ziehen können – er ruderte also zurück und spielte seine geliebte Opa-Valerian Karte aus „… ach verzeiht – Gedankenabschweifungen eines alten Mannes.“ Der grauhaarige Hexer hüstelte gespielt und verlegen.

„Zurück zum Thema: Ja. Ich stimme euch zu. Ihr braucht keine Helden – ihr braucht Profis in eurer Elfenau. In Krisenzeiten legen Nekrophagen ein exponentielles Populationswachstum vor. Dies kann zu Erntevernichtungen, Krankheiten, Bürgerunruhen und Einschränkungen im Handel führen… ihr tut gut daran, euch Gedanken um eine professionelle Lösung zu machen.“ Valerian hat in seiner langen Zeit als Hexer etliche Vertragsgespräche geführt. Nach dem Problem folgt der Nutzen. Die Lösung, zuletzt erst der Preis. Er wollte auch den Ball des Lobes an Nuriel zurückspielen. Das überschwengliche Lob des kühlen Elfen ließ Valerian innerlich nachdenken: Überschwengliche Schleimerei als Verhandlungsstrategie? Oder typisch kühl-elfisches, objektives Auflisten von Fakten? Es spielt keine Rolle. Der Greifenhexer möchte sich von so etwas nicht verunsichern lassen.

„Wir können euch anbieten, als vorläufiger Ausschließlichkeitsauftraggeber, unsere volle berufliche Aufmerksamkeit zu erhalten. Wir könnten in Kürze aufbrechen zur Elfenau mit unserer ganzen Stärke, um euch bei der Typisierung und Bekämpfung der Plage zu helfen… Was die Information betrifft zum Schloßkeller…“ Valerian verkniff sich gekonnt ein brausendes Lachen – der Elf nannte die Ruine ‚Schloß‘! Brilliant beiläufig Nuriel! „….Mir war durchaus bewusst, dass dieser – Ort, den uns der großzügige König Gernot verliehen hat“ Valerian räusperte sich „noch nicht gänzlich, trotz gestriger Ereignisse, von seinen extrasphärischen Altlasten befreit ist. Aber ich gestehe: Von einem Keller unter der Burgruine weiß ich nichts. Der Zugang dazu könnte sich gewiss in einem der Trümmerhaufen befinden… ich denke, im Rahmen eines Jahres, werden Gernots Baumeister die Trümmer soweit freigelegt haben, um diese Angelegenheit weiter zu erforschen. Bis dahin: Danke euch für die Information.“ Der Hexer nickte wohlwollend Nuriel zu. „… und zudem danke ich euch für eure Offenheit, was die politische Situation betrifft. Ich sehe es ähnlich. Ich habe den Auszug aus der Heimat befohlen, weil ich kein Interesse an Krieg habe. Hexer sind keine Soldaten. Keiner meiner Schüler soll jemals ein Bauer auf dem Schachbrett der fettwanstigen Souveräne sein.“ Valerian bereute erneut innerlich seine Wortwahl – aber dieses Thema versetzt ihn immer in Wallungen „Deswegen habt ihr völlig Recht. Kein Fähnchen im politischen Wind. Keine Schleimer, Speichellecker und Opportunisten. Aber geeignete Maßnahmen zur Sicherung einer sicheren Zukunft für meine Schule. Ja. Und eine Symbiose aus ausgebildeten Hexern aus der Elfenau für die Elfenau und Güter und Wissen für uns sollte uns beiden zum Vorteil gereichen. Aber:“ Der Grauhaarige machte eine bewusste Pause, während er väterlich den Zeigefinger hob „Hexer sind keine Soldaten. Ich freue mich über Schüler aus der Elfenau – aber sie sollen Hexer werden. Keine Leibgarden, Panzerreiter oder Kriegsknechte. Sie sollen eure Aue sicher halten vor allen Monstern außer dem Übelsten: Dem Menschen. Meine Hexer jagen keine Menschen. Eure konkreten Vorschläge zum Ork, zu Amerion… Ich stimme euch zu. Das macht Sinn. Ihr könnt dabei mit mir rechnen.“ Der Hexer pausierte erneut. Langsam machte sich die Wärme der Kerzen in dem Vorlesungssaal breit, und der weiße Nebel vor den beiden Atmenden verschwand.

„Nun fragt ihr euch gewiss, was will der alte Greis vor euch denn als Bezahlung? Ohne Umschweife: Für die Erforschung und Reinigung eurer Au von der Nekrophagenplage, für meine Garantie, eure Au auf ewig von Monstern freizuhalten solange diese Schule währt, für das Aufnehmen von freiwilligen Hexerschülern und Magiernovizen für unsere Magiefakultät von der Magiern Meidwynn Silberfuchs aus eurer Au, für beschriebene Symbiose und das politische Bündnis mit einhergehenden Taten erwarte ich uneingeschränktes Monsterjagdrecht für meine Akademieangehörigen in eurer Au mit der Erlaubnis zum Eingehen von entsprechenden Jagdverträgen, eine Pauschale von sechs Kupfern pro Nekrophage plus Gefahrenzuschlag für höhere Nekrophagen sowie die Option auf den Abschluss von Verträgen dazu mit der lokalen Bevölkerung solange Ihr die jetztige Nekrophagenplage als nicht abgeschlossen betrachtet, die Erlaubnis Werbung für unsere Schule in der Elfenau zu betreiben, den Zugang zu Wissen und Kopien interessanter Werke für unsere Akademiebibliothek, einen elfischen Baumeister für den Burgenaufbau als Unterstützung für Gernots Baumeister, elfisches Meisterschmiedewerkzeug und Schulungen durch einen elfischen Schmiedemeister für Raziel, unseren Schmied, monatliche Lieferungen mit Fellen, Leder, Schwertern für unsere Lehrlinge, ausgewählten Erzen für Raziel, Nahrungsmitteln, und gerne auch“ Valerian überlegte kurz „Getränken und saisonalen Kräutern für unsere alchemischen Arbeiten und zu guter Letzt: Euch als Gastdozenten an unserer Schule.“ Es war viel verlangt. Aber der Hexermeister wusste auch, er riskierte einen Totalverlust: Er hatte wenig Schüler, die teilweise noch wenig Ausbildung erfuhren, und kann maximal zwei bis drei Hexergruppen bilden, die die Aue säubern. Werden diese aufgerieben – ist die Schule der Greifenhexer endgültig tot.