Nebel und Schatten im Pontartal 2

16.12 - 18.12.2022

Anschluss ans Gefolge (Nebel und Schatten im Pontartal 2)

 von Doris Hain

 

Es ist kalt, es ist Nacht, mein Pferd hat sich was in den Huf eingetreten und ich bin immer noch nicht
am Hof der Gräfin Agathe von Tannengrund, irgendwo in Aedrin, wo angeblich Chevalier Aramis du
Lacs momentaner Aufenthaltsort sein soll. Oh liebste Herrin, lass es wahr sein, dass ich ihn endlich
finde, ich bin es leid durch die Kälte zu stapfen.
Ich weiß nicht wie lange ich in der Finsternis dem Weg folgte bis ich bei der nächsten Weggabelung
auf eine äußerst seltsame Gruppe gestoßen bin, ein paar Menschen, ein Zwerg und ein Hexer mit
Lehrling, die von der Gräfin geladen waren. Zusammen gingen wir das letzte Stückchen, das Gehöft
war schon zu sehen und die Erscheinung auch. Sie tauchte so plötzlich aus dem nichts auf,
schimmernd und tanzend, grauslich und faszinierend zu gleich und dann war sie auch schon wieder
verschwunden. Zurück blieb die eiskalte Leiche eines einsamen Zwerges, der anscheinend vor uns auf
dem Weg zur Gräfin war. Ich habe seiner Seele den Weg ins Jenseits gezeigt, damit er nicht auch zu
einer solch ruhelosen Gestalt wird, um das Begräbnis müssen sich dann andere kümmern.
Kurz darauf umschloss uns die Wärme des Landsitzes der Gräfin. Doch sie verwehrten uns zunächst
den Zugang zur Gaststube, waren doch schon so viele geladene Gäste anwesend. Wie leid ich es bin
mir die Füße in den Bauch zu stehen. Endlich ließen sie die verbleibenden Gäste ein und auch die
Ungeladenen durften Platz an der Tafel nehmen, na immerhin zählt hier die Gastfreundschaft. Im
Stall zu schlafen wäre noch das i- Tüpfelchen meiner verdammten Reise gewesen.
Die Gräfin schien Verhandlungen mit den unterschiedlichen Kriegsparteien halten zu wollen, es
waren bereits Redanier und Temerier anwesend und dann war da noch jemand zur Rechten der
Gräfin am Kopf der Tafel, die Beschreibung passte. Chevalier Aramis du Lac, endlich hab ich ihn
gefunden. Da anscheinend die Verhandlungen noch nicht begonnen hatten und auch noch nicht alle
Parteien anwesend waren ging ich nach vorne und stellte mich kurz vor. Nachdem ich mich wieder
gesetzt hatte, dauerte es nicht lange und zwei Nilfgaarder kamen lautstark polternd zur Tür herein.
Welch ungehobelte Klotze, ich will auch nicht hier in der Pampa sein, aber deswegen meinen Unmut
lautstark kundgeben, da mangelt es an einfach grundlegend an Manieren. Kurz darauf kam noch ein
Aedrin Hauptmann, Friedegar von Guleta, reingepoltert und hat wiederum seinen Unmut kund getan,
also Manieren haben die alle nicht.
Als sich die Wogen geglättet haben, wurde ein einfaches Mahl aufgetragen, was vorne geredet wurde,
konnte ich am Ende der Tafel nicht verstehen. Ich unterhielt mich derweil mit dem Novigrader Zwerg
Krätze, den ich an der Weggabelung getroffen habe, kein unangenehmer Kerl, auch wenn er von
zweifelhafter Herkunft zu sein scheint. Bis zu dem Moment, als einer der Nilfgaarder Abgesandten
tot vom Stuhl fiel. Vergiftet, durch eins der Getränke, durch welches Gift genau und warum,
konnten wir nicht herausfinden. Der zweite Nilfgaarder verließ brüllend und tobend das Anwesen,
zurück blieb Verunsicherung und Verwirrung. Der restliche Abend verlief hauptsächlich mit
Befragungen der Bediensteten und Suche nach Gründen, bis keiner mehr so recht weiter wusste. In
der Zwischenzeit konnte ich mich mit Aramis und seinem Gefolge, Mene, Pierre und Jaques, bekannt
machen. Endlich hab ich mein erstes Ziel erreicht.
Die Nacht verging, die Unterkunft war nicht luxuriös, aber angenehm warm.
Aramis, der momentan in den Diensten der Gräfin stand, die ihn gebeten hatte sie bei der
Verhandlung zu unterstützen und sie zu schützen, musste wohl noch länger hier bleiben, bis der
Mord aufgeklärt war. Könnte schlimmere Orte geben, wenigstens ist es warm und halbwegs sauber.
Die Hexer wollten sich um das Erscheinungsproblem kümmern und die Reisenden, die aus der
entgegengesetzten Richtung angereist sind wie ich, haben sehr nah am Hof einen Altar des
Wolfspinnenkultes gefunden. Soweit ich das verstanden habe, ist das ein Zirkel von hiesigen Hexen,
die sich gerne den Gedanken der Reisenden bemächtigen, jetzt wundert es mich auch nicht mehr,
dass ich einen seltsamen Traum hatte, als ich diesen Landstrich betrat. Ein widerlicher Ort der Altar,
die dunkle Magie ist stark zu spüren, der Boden ist blutgetränkt von den Ritualopfern und es scheint
mir als würde man immer beobachtet werden, sobald man sich dem Altar nähert. Da war ich mir mit
dem Priester der Flammenrose einig, der pervertierte Grund musste gereinigt werden. Wir wollten
das zur Abenddämmerung erledigen, also der Flammenrosenpriester wollte das, wahrscheinlich wäre
es besser gewesen das gleich zu erledigen, vor allem nachdem schon gemutmaßt wurde, dass die
Gräfin und ihre Bediensteten irgendwie in dem Kult mit involviert waren. Aber wir hatten keine
Beweise, seltsam war das Verhalten der einen Dienerin, die seit zwei Jahren hier war, nachdem ihre
Reisegruppe komplett ausgelöscht wurde und ihr Gedächtnis auch. Es herrschte auf jeden Fall eine
seltsame Stimmung, wir vermuteten, dass der eine Nilfgaarder Verstärkung holen wollte, die Gräfin
oder ihre Haushofmeisterin direkt Zugang zum Kult hatte und wir hatten keine Ahnung warum der
Mord geschehen ist, nur reine Spekulationen. Und dann war da auch noch die verschwundene
Jägerin, die wir suchen wollten, weil uns eine der Bediensteten darum bat. Nachdem Aramis der
Gräfin Schutz zugesichert hatte, hatten wir eh nicht viel zu tun, zumindest nicht am ersten Teil des
Tages. Die Hexer kümmerten sich um die Nachterscheinung. Eine verfluchte Seele einer Frau, die
einen Tag vor der Hochzeitsnacht bemerkte, dass ihr Liebster untreu war und darauf hin alle drei
Beteiligten ermordet aufgefunden wurden. Wir mussten eine Kette finden, die sie von ihrem Liebsten
geschenkt bekommen hatte, wir hielten Ausschau, während wir nach der Jägerin suchten, fanden
diese aber nicht, sondern nur eine Gruppe von Wegelagerern, die ganz schön aggressiv waren. Wir
konnten sie ohne eigene Verluste beseitigen.
Eine weitere Gruppe der Anwesenden Gäste wollten das Land der Gräfin vermessen um
Nachbarschaftsstreitigkeiten vorzubeugen, diese trafen auf Ertrunkene. Ganz schön was los in
diesem Teil des Landes.
Währenddessen plante die Gräfin schon das Gehöft zu verlassen um auf ihren Sommersitz zu gehen,
weil sie befürchtete, dass die Nilfgaarder hier einfallen werden. Dann tauchte die Jägerin wieder auf,
die uns erzählte, dass irgendwer ihre Hasenfallen geleert hatte und sie weiter weg musste um Beute
zu machen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass wir irgendwas Entscheidendes übersehen haben.
Bis wir mit den Vorbereitungen, Nachforschungen und Suchen so weit waren, begann es zu dämmern
und die gesamte Gesellschaft machte sich auf den Weg um den Altar der Wolfsspinne zu zerstören.
Ich segnete unsere Waffen mit dem heiligen Wasser der Herrin und bat darum unseren Geist frei von
den Einflüssen der Hexe zu halten. Die Flammenrose entzündete ihr Feuer.
Wir erwarteten auf massive Gegenwehr der Hexe zu stoßen, aber das einzige was geschah, war, dass
sie sich zeigte um ihren Altar mittels Schutzschild zu schützen, sie provozierte und beleidigte uns,
zwang uns auf die Knie, aber wir blieben standhaft. Dann verschwand sie. Ich brach den Schutzschild
mit der Macht der Herrin und der Priester der Flammenrose übergab den unheiligen Altar den
Flammen. Die Macht der Hexe löste sich hier. Im Nachhinein war es zu einfach, ich habe ein ungutes
Gefühl.
Wir kehrten zurück um uns zu wärmen und zu stärken. Die Nacht war bereits angebrochen. Lange
saßen wir nicht in der Gaststube und konnten ratschlagen, denn dann kamen die ersten Nilfgaarder
und forderten die Auslieferung der Gräfin, Aramis stellte sich ihnen entgegen und behaarte darauf,
dass dem Mordfall nachgegangen werde und die Gräfin unter seinem Schutz stehe, im Namen
Toussaints. Sie akzeptierten es nicht und griffen sogar an. Sie waren gleich erledigt, einfache
Soldaten, aber Unruhe machte sich breit. Die Nilfgaarder waren zu nahe und äußerst erzürnt. Ihr
plumpes, aggressives Vorgehen irritiert mich aber immer noch. Später nutzte die Gräfin die Gunst der
Stunde und floh, mitsamt ihrer Haushälterin, ohne uns Bescheid zu geben und ein zweiter
unnachgiebiger Trupp der Nilfgaarder kam an. Verhandlungen zwecklos. Wie kann man nur so stur
sein oder überheblich… Irgendwie erschien es als wären wir komplett machtlos. Wir saßen in der
Falle, auf der einen Seite das Nilfgaarder Heer, dass auf dem Weg hierher war, vielleicht noch 5
Wegstunden, später kamen dann noch Flüchtlinge angerannt und haben es uns berichtet, auf der
anderen Seite die eiskalte Nacht. Wir hatten die Möglichkeit zu fliehen und Verluste aufgrund
mangelnder Winterausrüstung hin zu nehmen oder uns den Nilfgaarder zu stellen, überrannt zu
werden, vielleicht in den Flammen des brennenden Gehöftes grausam umzukommen. Keine
großartigen Aussichten. Ich plädierte dafür zu fliehen, es liegt keine Weisheit darin sich einer
Übermacht zu stellen und einen unrühmlichen Tod zu sterben, Zivilisten damit in den Tod zu reißen,
die Frauen darunter noch einem schlimmeren Schicksal zu überlassen. Doch die Angestellten und
Einheimischen weigerten sich zu gehen, wohin sollten sie denn, sind sie doch dann auch nicht mehr
als ungebetene Fremde in der Ferne.
Nun will ich von einer Heldentat berichten, die nichts mit glorreichen Kämpfen gegen
übermenschliche Kräfte und widerliche Kreaturen zu tun hat, die nicht direkt mit Ruhm und
Tapferkeit zu tun hat, wie schillernden Helden aus den Geschichten sind. Es ist eine Heldentat, die
Mitgefühl und Großzügigkeit widerspiegelt, zwei Tugenden der Herrin vom See, die des öfteren
unter den Tisch gekehrt werden.
Aramis hörte sich das Für und Wider der Situation an, die Wünsche der Bediensteten, das Bedenken
der anderen Gäste und fasste einen Entschluss. Zu fliehen würde für den ein oder anderen den Tod
durch erfrieren bedeuten, Heimatlosigkeit und Elend. Zu bleiben könnte aber das Ende von allen
sein, doch sind wir aus Toussaint und Aramis ein Chevalier, einen winzigen Hoffnungsfunken gab es
und diesen nutzte er um die Anwesenden vor Elend zu schützen. Er schickte Mene, Pierre und den
Barden Jan zum Nilfgaarder Lager. Sie sollen den Kommandierenden berichten, dass die Grafschaft
nun ein Protektorat von Aramis du Lac ist und es nicht weiter nötig ist Truppen hierher zu entsenden.
Das Warten war furchtbar, erst tief in der Nacht kamen unsere Boten zurück und brachten
Erleichterung. Aramis hatte es geschafft, er hat durch sein Handeln den Einfall der Nilfgaardischen
Truppen gestoppt, vorerst zumindest, aber im Moment waren wir alle sicher, was danach kommen
wird, wird Politik sein.
Noch kurz um meinen Bericht zu Ende zu bringen, die Nachterscheinung war auch noch nicht erlöst
und diese Heldentat geht schließlich an unseren Barden Pierre, der sich bereit erklärte mit der
verdammten Seele zu tanzen und sie um Verzeihung im Namen ihres ehemaligen Bräutigams zu
bitten, ihr ihre Kette wiederzugeben. Pierre schaffte es, ohne die Hexer, die Erscheinung verblasste
und verschwand.
Jetzt heißt es abwarten, bevor wir weiter ziehen und das Problem mit der Hexe ist auch noch nicht
gelöst. Viel zu viele Fragen sind noch offen.

Fotos von Calle Plantiko