Nebel und Schatten im Pontartal

26.11.-28.11.21

Aus dem Tagebuch des Atheris von Toussaint, Pontartal 21.-22. Saovine 1281 (Winter)

Drei Tage sind vergangen, seitdem Großmeister Valerian und ich vom Winterlager der Greifenhexer – im Niemandsland zwischen Lan Exeter und Aedd Gynvael – aufgebrochen sind um einen „kurzen“ Abstecher ins Pontartal zu machen.

Zu meinem Leidwesen hat Valerian mal wieder auf den Einsatz unserer Reittiere verzichtet und stattdessen lieber auf ein von Meisterin Nella erschaffenes Portal gesetzt, welches uns zumindest in die Nähe unseres Ziels bringen sollte – dennoch sind wir nun seit Tagen in dieser unwirtlichen Gegend unterwegs auf der Suche nach einem Vatt‘ghern Namens Angrist, seines Zeichens Experte auf dem Fachgebiet der Herstellung von Tränken. Zumindest haben wir gestern Hinweise erhalten, dass ein Hexer erst vor kurzem durch diese Gegend gezogen ist. Wir werden die Nacht weiterziehen und versuchen aufzuschließen.

Das Glück ist uns hold! Wir haben tatsächlich Meister Angrist kurz nach Einbruch der Nacht mitten im Schneegestöber am Wegesrand angetroffen. Gemeinsam mit ihm und einem temerischen Söldner haben wir uns weiter auf den Weg zu einem Gasthof gemacht, der laut Angrist ganz in der Nähe sein soll.

Gestört wurden wir auf unserem Weg von zwei Gruppen Fistech süchtiger Halsabschneider, die uns im Unterholz auflauerten. Ein erster Versuch der Räuber unser Habe habhaft zu werden endete im Blutvergießen … auf Seiten der Missetäter, versteht sich. Bei einem weiteren Überfall der Verbrecher entschied sich Valerian für die Auszahlung der Verbrecher – womit ich absolut nicht einverstanden war. Im Kaiserreich hätte man mit ihnen kurzen Prozess gemacht und ein Exempel statuiert – nun gut, zumindest haben wir unser Nachtquartier danach ohne weitere Zwischenfälle erreicht.

Wenn mir das jemand vorher erzählt hätte, was mich in der Taverne erwarten würde…ach ich lass es lieber! Neben einem redanischen Begrüßungskommando, einer illustren temerischen Reisegesellschaft und einigen anderen Gestalten, fanden wir einen uns unbekannten verletzten Greifenhexer vor. Die Tatsache, dass er sich als Meister vorstellte, wurde von Großmeister Valerian zugleich in Frage gestellt, da nur er als einziger Überlebender Meister der alten Greifenschule die Meisterschaft erteilen kann.

Trotz meiner kaiserlichen Rüstung und der darauf unverkennbar abgebildeten goldenen Sonne, schenken mir die Nordlinge nur wenig Beachtung – lediglich ein redanischer Soldat fragte beim Betreten der Taverne, ob mir die Rüstung der Schwarzen verliehen wurde oder ob ich sie „erworben“ habe … bevor ich ihm wahrheitsgemäß antworten konnte, tat Valerian die Frage mit „ein Souvenir“ ab – keine Unwahrheit und da der Soldat mit der Antwort offensichtlich zufrieden war, habe ich es auch dabei belassen. Zudem stimmten die Redanier vorhin eine Ballade über die Schlacht bei Brenna an, die sie besonders laut in meine Richtung trällerten – aber abgesehen von der durch die Propaganda der nördlichen Königreiche verdrehten Wahrheit über den Hergang der Schlacht, stören mich derart Lieder nur wenig. Nur einmal drohte die Stimmung kurz zu eskalieren und zwar als der Hauptmann in einem Anfall von Prahlerei die redanische schwere Reiterei als die Beste der Welt darstellte – die Tatsache, dass man gerüstete Reiter auf Ackergäulen als Kavallerie bezeichnet ist ja an sich schon ein Affront! Zumindest schien der Mann Ahnung von Pferden zu haben und die gereizte Stimmung ebbte in einer Diskussion über edle Rösser (die sie im Norden allerdings nicht haben) ab.

Ich habe vorhin zu meiner Freude festgestellt, dass zu der temerischen Reisegesellschaft auch die Magierin Cecilia DeFiné mit ihrer Leibgarde gehört. Sie ist uns Greifen keine Unbekannte und viel Wichtiger – sie hat hervorragenden Wein dabei – könnte also widererwartend ein geselliger Abend werden.

Es war in der Tat ein langer und geselliger Abend – zum Glück macht uns Vatt’ghern ein wenig Alkohol im Blut nichts aus! Auch die meisten anderen Drogen zeigen bei unserem Metabolismus nur bedingt Wirkung, ganz im Gegenteil zu dem örtlichen Holzfäller, der hier seit Sonnenaufgang bei der Taverne auf- und abrennt und verzweifelt versucht eine Eskorte zu finden. Er stammelt etwas davon, dass ihn die Büsche angreifen – er aber Geld für seine Familie verdienen muss!

Ich hätte darauf wetten können, dass Großmeister Valerian dem armen Mann bei seinem Problem mit den Büschen helfen würde – dass aber tatsächlich mehr an der Sache dran war als nur die Halluzination eines Fistech-Süchtigen hätte ich nicht erwartet.

Nein, es waren keine Leshen gewesen – dafür waren sie nicht mächtig genug gewesen – dennoch war es aufgrund ihrer schieren Anzahl kein ungefährliches Unterfangen gewesen, gegen diese Kreaturen anzugehen – zumal der Ursprung und ihre Intention nicht in Erfahrung zu bringen ist.

Zu unserem Leidwesen müssen wir den Tod des Holzfällers betrauen, denn obwohl ich mich noch zwischen einen der lebenden Büsche und den Holzfäller warf, konnte ich den tödlichen Hieb nicht abfangen – man muss dazu aber auch sagen, dass er einfach nicht in Sicherheit bleiben wollte beziehungsweise – aufgrund seines Drogenkonsums – konnte! Als Valerian gerade dabei war einen möglichen Fluch, der auf dem armen Mann gelegen haben mochte, zu brechen – kamen die Nordlinge aus dem Gasthof zu uns in den Wald. Die Kreaturen nutzten den Moment der Ablenkung und fraßen die Leiche mit Haut und Haaren – wahrlich kein schöner Anblick! Immerhin hatte der Ausflug etwas Gutes, die Jägerin Fenja begleitete uns in den Wald und hat sich als angenehme und nützliche Verbündete erwiesen.

Es Dämmert langsam – vieles was in den letzten Stunden um den Gasthof herum vorgefallen ist, bekomme ich nicht zusammen. Es ist die Rede von einem geheimen Labor, indem schändliche Experimente an der örtlichen Bevölkerung vorgenommen werden.

Bis auf einen Fetzten Pergament, den wir im Wald gefunden haben, ergab die Suche von Großmeister Valerian, Fenja und mir keine wesentliche Erkenntnis über Ort, Zweck oder Personen, die hinter all dem hier stecken.

Die Ereignisse haben sich mit Einbruch der Dunkelheit überschlagen! Magierin Cecilia ist verschwunden! Dem Hörensagen nach hat sie versucht vor dem redanischen Hexenjäger zu fliehen, der sich hier im Gasthof aufgehalten hatte und angeblich Wind davon bekommen hat, dass sie eine Magierin ist! Der Hexenjäger ist noch hier … Sie nicht … das riecht nach Ärger! Wir werden uns der Suchexpedition die gerade zusammengestellt wird anschließen!

Das war mehr als knapp! Der Leibwächter von Cecilia kam aufgelöst aus dem Wald gestürmt und informierte uns, dass die Magierin von einer Gruppe Männern entführt wurde. Der junge Mann wartete allerdings nicht, bis sich die Expedition sammeln konnte, sondern machte sich gleich mit gezogener Waffe auf den Weg zurück in den Wald!

Ich muss sagen, dass das Hexertraining sich mehr als ausgezahlt hat, denn die Spur der Entführer beziehungsweise das Licht ihrer Fackeln führte uns einen steilen und sehr … sehr … sehr langen Hang hinauf und im Gegensatz zur Schlacht bei Sodden und dem Berg der Magier, fehlte mir mein treues Streitross doch merklich. Der lange Anstieg riss unsere Gruppe vollends auseinander und nach einem gefühlten ewigen Anstieg erreichten Fenja und ich als erste das gegnerische Lager und die Männer, die uns mit gezogener Waffe erwarteten. Nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung stürmte ich auf die Männer zu und Dank Fenja’s Warnungen gelang es mir die Feinde zu binden bis Valerian und die anderen sich ebenfalls in Kampfgetümmel stürzten konnten. Keinen Augenblick zu früh erlangten wir die Oberhand und es gelang uns den verrückten Alchemisten – der sich zugleich als der Tavernen Wirt entpuppte – daran zu hindern, Cecile ein letztes Elixier zu verabreichen.

Wie es sich nach dem Verhör des Wirt‘s herausgestellt hat, war es tatsächlich sein erklärtes Ziel durch die Elixiere die Mutation der Hexer zu reproduzieren. Weil seine bisherigen Versuche an der normalen Bevölkerung allesamt schiefgelaufen waren, hatte er der Versuchung nicht widerstehen können, sich an der Magierin zu vergreifen – in der Hoffnung – dass ihre ‚Andersartigkeit‘ und damit verbundene mögliche höhere Widerstandskraft bei der ‚Kräuterprobe‘ helfen würde. Zum Glück mussten wir nicht erfahren, ob er mit dieser Annahme Recht gehabt hätte.

Ein letztes Fazit zu dieser Expedition:

Nach einem längeren Gespräch mit Angrist, konnte ich seine zunächst ablehnende Haltung gegenüber unserem Vorhaben zumindest revidieren und zumindest die Möglichkeit aufrechterhalten, dass wir auf seine Unterstützung in Zukunft hoffen dürfen.

Mit der Jägerin Fenja haben wir eine neue Verbündete gefunden, die sich uns zumindest temporär anschließen möchte.

Reisen ohne Pferd kann man machen – ist aber „stronthe“

Was es mit meinem alten Tagebuch im Besitzt von Angrist auf sich hat, werde ich in einem separaten Eintrag festhalten!

Fotos von Calle Plantiko