Neu Ahornbach 9
Neu Ahornbach 9
04.03.-06.03.22
… wir durchquerten also das vereinte Königreich Ahornbach auf der Suche nach Arbeit, Fenja und ich. Die anderen Greifen bildeten ebenfalls kleine verstreute Gruppen um Geld zu verdienen. In Pont Vanis zu überwintern ist kostspieliger als gedacht. Unsere Kasse gähnt vor Leere.
Wir hörten also bei Durchquerung von Ahornbach, dass ein gewisser Großinquisitor und Ritter Rodrigues de Bivar Hilfe bei der Beseitigung von Werwölfen braucht – auch von Dämonenpaktierern und Nekromanten, aber das wollten wir getrost anderen überlassen.
Wir bestiegen also am Abend die letzten Stufen hoch zur Burg des Großinquisitors. Eine Reisegesellschaft ähnlich angelockter ging voran. Sie schritten durch das Burgtor mit natürlicher Selbstverständlichkeit – während Fenja und ich verdutzt guckten: Am Eingang standen zwei Männer mit Fackeln in roten Mönchsroben und weißen Masken. Sie erhoben die Fackeln zum düsteren Spalier und empfingen die Reisenden mit dem Gruß „pax vobiscum“.
„Hast du auch das Gefühl, die schließen hinter uns die Tore, wenn wir da reingehen?“ fragte Fenja verunsichert. So gingen wir ein paar Schritte hinein mit dem Ziel mit den roten Novizen zu sprechen, aber außer „pax vobiscum“ kannten Sie scheinbar nur das Vokabular „der Inquisitor wird eure Fragen beantworten“.
Wir schritten also in den Burghof wo sich eine Menschentraube gebildet hat und ein Herold erhob die Stimme um seinen Herrn den Großinquisitor anzukündigen. Außerdem verkündete er, dass alle Reisenden Passierscheine, Visa und Magiewirkergenehmigungen täglich vorzeigen und neu beantragen müssten. Gekrönt wurde die schräge Vorführung mit einer jungen Frau, die aus einem Kerker gezogen wurde: Sie sei eine Vampirin und solle hingerichtet werden. Sie flehte bitterlich, und ich bezweifelte als Fachmann, dass zwei magere Novizen eine höhere Vampirin oder eine Bruxa einfach festhalten könnten, gefesselt durch einen Leinenstrick. Ich schritt also zum präsentierten Großinquisitor und wollte mich vergewissern, dass ihr Vampirismus bestätigt sei. Er fertigte mich mit flüchtigen Worten ab. Als das Urteil vollstreckt wurde, löste sich die Frau in Asche auf.
Wir fertigten mit unerträglichen Anstehzeiten unser geduldiges Genehmigungspapier aus und wir fragten uns über den Herold nach Arbeit durch, bis wir zur Mitternachtsstunde den Inquisitor sprechen konnten in seinen persönlichen Gemächern: Mehrere Federbetten standen an den Wänden um ein großes Rundes Turmzimmer. Die Betten wiesen verankerte Handschellen auf, und ich wünschte es würde sich um ein liebliches Bettspielzeug handeln – doch der Inquisitor bestätigte mir, dies diene zum verschärften Verhör. Aber Einerlei, Spinner gibt es überall: Wir vereinbarten einen schriftlichen Jagdvertrag um Werwölfe und Ihnen dienende Gestaltwandler zu jagen, die eine große Bedrohung für die Burg und das Land ausmachten.
Von dieser Bedrohung merkten Fenja und ich herzlich wenig: Wir verbrachten einige kalte Nachtstunden in der nicht ganz so kalten Taverne, lernten ein paar nette andere Reisende kennen und wir schließlich zu Bett gingen.
Der Morgen war stink langweilig. Von der sogenannten Bedrohung merkten wir nichts. Es wurde um die Mittagsstunde eine große Hatz im Wald vereinbart. Die Zeit verbrachten wir, um unseren neuen Reisefreunden bei Nachforschungen zu helfen: Sie vermuteten, dass der Großinquisitor etwas verbirgt. Fenja versuchte beispielsweise das Schloss zum Gemach des Inquisitors zu knacken – ohne Erfolg. Dafür wurden wir aber mithilfe eines rhetorischen Vorwands in den Kerker gelassen. Unsere Reisegefährten analysierten, dass die eine Zelle, von einer magischen Barriere umgeben, die Leiche eines Nekromanten beherbergt – der Lebenskraft aus benachbarten Gefangenen ziehen konnte. Die Gefangenen wurden umverlegt und schon war das Problem erledigt. Manchmal geht’s halt auch einfach. Ja ok, es gab irgendwelche Inkognito-Nekromantenschüler die sich unter die Reisenden gemischt hatten – aber die ambitionierten Freizeit-Häscher unter den Reisenden konnten diese Entlarven und dem so vertrauenswürdigen Inquisitor übergeben.. ich weiß ja nicht. Hat den Beigeschmack zweier Übel, zwischen denen ich ungern wählen möchte.
Außerdem lernten Fenja und ich uns besser kennen: Sie erzählte mir von ihrer Jägersfamilie, ihren Brüdern, Erwartungen an sie, die sie scheinbar sehr belasteten… aber sie ist einfach zu stolz um ihre Situation vollkommen offen und ehrlich zu schildern. Sie hat das Herz am rechten Fleck und gerne soll sie uns weiter begleiten: Wenn etwas von dem (vermeintlichem) Monsterjagdruhm auf ihre weiße Weste fällt, so soll sie ihn gerne haben. In meinem Herzen hat Fenja auf jeden Fall einen kleinen Platz verdient.
Aber greifengetreu führten wir zur Mittagszeit unsere Jagd aus: Und waren sehr erfolgreich. Wir brachten rund 12 Wolfs-Gestaltwandler zur Strecke – echte Werwölfe gab es nicht – und konnten aufgrund des Gewichts zu zweit 8 derer Köpfe tragen und dem Inquisitor in der Burg übergeben. Er meinte sodann, er werde die Bezahlung holen – und das ist der Moment in dem so mancher Schuldner plötzlich merkt „oooh meine Soldkasse ist plötzlich weg“, doch dieses mal nicht: Nach einer verdächtig langen Wartezeit kam der Inquisitor aus seinen Gemächern zurück, und überreichte uns 16 gottverdammte riesige Goldtaler! Unfassbar. Ich bedankte mich herzlich und plante sogleich mit Fenja die Abreise aus diesem seltsamen Zirkus. Leider wurden wir durch seltsame Angriffe der Wolfs-Gestaltwandler in der Burg festgehalten: Bis in den tiefen Abend griffen die Wölfe mit voller Härte und Leidenschaft an, sodass Fenja und ich uns unseres Lebens erwehren mussten – naja sozusagen: Fenja hat sich bei dem Angriff unter dem großen Holztisch im Burghof versteckt. Aber sie hat mir das versprechen abgenötigt den anderen Greifen bloß nichts davon zu erzählen, das wäre ihr peinlich.
Fotos von Hannah Gritsch